Ostergruß des Deutschen Musikautomaten-Museums
Frau Musica – Mechanische Musik und das Bild der Frau. Eine neue Präsentation im Deutschen Musikautomaten-Museum Bruchsal
Die deutsche Sozialistin Clara Zetkin – die längere Zeit in Stuttgart-Sillenbuch lebte - hatte 1910 auf der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen einen Gedenktag zur Emanzipation und Gleichberechtigung gefordert. Damit hat der Internationale Frauentag auch südwestdeutsche Wurzeln.
Dieser fand 1911 erstmals statt. Die II. Internationale Konferenz kommunistischer Frauen legte ihn schließlich auf den 8. März fest. Dieses 100- bzw. 110-jährige Jubiläum nimmt das Deutsche Musikautomaten- Museum (DMM) zum Anlass, sich mit den wechselnden Frauenbildern zu befassen, die durch die mechanische Musik überliefert wurden.
Viele Instrumente des Deutschen Musikautomaten-Museums zeigen Darstellungen von Frauen oder stehen in Verbindung mit Namen wie „Terpsichore“, „Alexandra“ oder „Gabriella“. Auf Programmträgern begegnet man Frauengestalten, von denen „Carmen“ die wohl berühmteste ist. Während Entwicklung und Vermarktung mechanischer Musik meist Männersache waren, wirkten in der Fertigung (Z. B. der Programmträger) fast immer auch Frauen mit. Der Gebrauch mechanischer Musik richtete sich gerade auch an sie. In der bürgerlichen Kultur um 1900 war das Klavierspiel Element der Erziehung „höherer Töchter“ – dies spiegelt z. B. die Werbung für selbstspielende Klaviere wider.
Weitere Objekte des DMM vermitteln Frauenbilder. Hersteller warben z. B. mit dem Titel „Hoflieferant“ für Queen Victoria. Nach 1900 spielten Pianistinnen Konzertliteratur für Notenrollen ein. Auch die mechanischen Musikinstrumente für das Tanzvergnügen ab den 1920er Jahren vermitteln ein verändertes Frauenbild: Nach 1918 breiteten sich der Jazz aus den USA und neue Tänze im Repertoire mechanischer Musik aus – dazu die Mode der Frauen, befreit von Korsett, langen Röcken und mit Bubi-Kopf. Phonograph, Grammophon, Plattenspieler und Kassettenrekorder bis hin zum MP3- Player können im DMM den weiteren Wandel von Frauenbildern ebenso skizzieren.
Meist zeigen die Objekte das bürgerliche Frauenbild des 19. und 20. Jahrhunderts. Dies erklärt sich damit, dass mechanische Musikinstrumente vorwiegend im bürgerlichen Bereich Eingang fanden. Doch in dieser Epoche brachen vermehrt Frauen mit Konventionen, um sich – meist weiter unter männlicher Bevormundung – zu verwirklichen. Dagegen waren Karussell- und Drehorgeln oder Gasthausautomaten, die den öffentlichen Raum bedienten, für die nicht-bürgerlichen Schichten gedacht.
Der Wandel Deutschlands vom Agrarland zur Industrienation brachte nicht nur eine Arbeiterschicht hervor, sondern mit neuen Berufen bei Post, Bahn, Verwaltung, Militär und Lehre auch eine neue Mittelschicht, die sich am bürgerlichen Ideal orientierte. So wuchs die Menge derer, die nach konventionellen Werten lebten, aber auch der Frauen, die diese hinterfragten. Der Widerspruch zu (männlichen) gesellschaftspolitischen Forderungen – zu einer meist schon gelebten Realität - zeigten, dass das Sinnen der Frauenbewegung oft auf eine Legitimation bestehender Verhältnisse zielte. War das Wahlrecht einst eher das Thema, wurde in den 1960/70er Jahren die Selbstbestimmtheit der Lebensentwürfe und Sexualität aktuell.
Bis heute sind die Fragen der Frauenbewegung nicht abgeschlossen, Frauen sind weiter vielfach in den Bereichen Hauswirtschaft, Gastronomie, Erziehung, medizinischer Pflege und anderen Dienstleistungen tätig. Auch wenn einige heute Fußball spielen oder in der Polizei und Bundeswehr dienen, drehen sich ihre Forderungen nach wie vor um berufliche Gleichstellung sowie die Vereinbarkeit von Karriere und Beruf. Gleichzeitig bricht das patriarchalische Familienbild durch Alleinerziehende oder Patchwork-Familien auf. Im Kontrast zu den Debatten um einen stets latenten Sexismus steht der Erfolg von Serien wie „Germany‘s Next Top-Model “ oder „Shopping Queen“, die am bisher Erreichten zweifeln lassen. Aber hier ist wohl zu berücksichtigen, dass es im Kampf um die Stellung der Frau – etwa gerade generationsübergreifend – auch stets solche gab, die bewusst am „Alten“ festhielten. Eine Rolle spielt hier sicher die Schichtzugehörigkeit bzw. der Grad der Bildung.
An Einzelobjekten der Dauerausstellung des Deutschen Musikautomaten-Museums soll der gesellschaftliche Wandel der Frauenbilder vermittelt werden – vereinzelt biografisch, zumeist thematisch. Die Reihung der Themen erfolgt nicht chronologisch, sondern ist der Abfolge der Objekte in der Dauerausstellung geschuldet. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wird ein Mosaik geboten, das versucht, der Geschichte weiblicher Emanzipation gerecht zu werden.
Weitere Informationen – z. B. Objektfotos - finden Sie unter:
https://www.landesmuseum.de/dmm/intervention-frau-musica