Herbstgruß von Stadtarchiv und Städtischem Museum
Fass- und Weinbau in Bruchsal – Der Nachlass „Hagenmeier“
Liebe Leserinnen und Leser,
auch wenn die Industrialisierung das traditionelle Handwerk der Küfer und Böttcher im 19. Jahrhundert mehr und mehr in den Hintergrund verdrängte, ist heutzutage vor allem im Weinbau vielerorts eine Rückbesinnung auf den Ausbau verschiedener Rebensäfte in traditionellen Holzfässern statt Edelstahltanks zu beobachten. Vor diesem Hintergrund und passend zur herbstlichen Jahreszeit stellen Ihnen das Städtische Museum Bruchsal und das Stadtarchiv gemeinsam den Bruchsaler Fassmacher Adam Hagenmeier (auch „Hagenmaier“) vor, dessen Nachlass in den Depots bzw. Magazinen beider Einrichtungen lagert. Die Berufszweige des Fassherstellens und Weinbaus waren bis zum 19. Jahrhundert stark miteinander verwoben, teilweise sogar in derselben Zunft organisiert, sodass es nicht verwundert, dass Hagenmeier ebenfalls in beiden Bereichen tätig war, wie Unterlagen aus dem Stadtarchiv zeigen.
In die Sammlung des Städtischen Museums wurden in den 90er Jahren vor allem Werkzeuge und Bestandteile von Fässern aus Hagenmeiers Werkstatt übernommen. Ebenso jedoch mehrere alte Reklameschriften für Kelteranlagen oder Küferwerkzeuge vom Beginn des 20. Jahrhunderts, die uns heute Einblick in dieses alte Handwerk erlauben und uns helfen, die Bestandteile der Werkzeuge, die aus der ehemaligen Werkstatt Hagenmeiers übernommen wurden, genau zu identifizieren. Typisch sind beispielsweise verschieden ausgeformte Rundmesser und Hobel wie zum Beispiel der Bodenbrahmschnitthobel. Dieser wird dazu verwendet, die Stärke des Fassbodens am Rand zu reduzieren, damit er sich in die Nut einfügt, eine im Fass laufende Rille, in der Boden und Deckel eingeklemmt werden.
(Fotos: Städtisches Museum)
Unter den Objekten finden sich auch Fasslager für 600-Liter-Fässer, Zapfhähne und Fassdauben, die über offenem Feuer gebogen, passend sortiert und dann durch Fassreifen fixiert werden. Mittels Bandhaken werden die Fassreifen über die Dauben gezogen. Für Fassdauben eignen sich nur bestimmte Hölzer, die eine bestmögliche Abdichtung versprechen. Vor allem Eiche und manche Kastanienarten kommen aufgrund ihres dichten Holzes in Betracht. Die oben erwähnte „Nut“ als Halterung für Boden und Deckel sowie Spuren der Fassreifen sind auf den Dauben aus dem Nachlass Hagenmeiers gut erkennbar.
(Fotos: Städtisches Museum)
Gemäß den verschiedenen Sammlungsaufträgen und Expertisen im Bereich der Bestandserhaltung teilten Stadtarchiv und Städtisches Museum den Nachlass auf. Während das Museum die Großobjekte des täglichen (Handwerk-)Betriebs in sein Magazin aufnahm, gelangte der papierne Nachlass ins Stadtarchiv. Neben privaten Unterlagen wie Zeugnissen, Militärpässen und umfangreicher Briefkorrespondenz der Hagenmeier-Töchter auch zwölf Geschäftsbücher, die allein einen Archivkarton des Nachlasses im Stadtarchiv füllen. Sie zeugen von einem ordentlich geführten Betrieb: In übersichtlichen Kolonnen sind die Käufer mit Abgabemenge, Betrag und Eingang der Bezahlung vermerkt. Diese geschäftliche Disziplin gab der Vater an seine Töchter Eva und Magdalena weiter, die in den 1950er bis 1970er Jahre ein Blumengeschäft mit Binderei und Keramikware in der Obergrombacher- beziehungsweise Friedhofsstraße führten. Auch aus ihrem Geschäft sind kaufmännische Bücher im Nachlass vorhanden.
Doch nicht nur über die familieneigenen Betriebe gibt der Bestand Aufschluss. Durch weitläufige Geschäftsbeziehungen und private Inanspruchnahme ist eine kleine Sammlung an Rechnungen überliefert, die in aufwendig gestalteten Briefköpfen von der Bruchsaler Geschäftslandschaft und Werbeästhetik in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zeugt und so über den Bereich der Familie und der Betriebe Hagenmeier hinaus Kenntnisse zur Stadt- und Kulturgeschichte liefert.