Flächen für die Energiewende - Wo finden Windkraft, Solarenergie und Wärmewende ihren Platz?
Rund 200 interessierte Bürgerinnen und Bürger kamen am 22. April 2023 zum 2. Bruchsaler Energieforum ins Bürgerzentrum. Während es beim 1. Energieforum im vergangenen Jahr vor allem um die Konzepte zum Ausbau der Erneuerbaren Energien in Bruchsal ging, lag der Schwerpunkt der diesjährigen Veranstaltung auf der Vorstellung geeigneten Flächen für die Energiewende.
Der Ablauf und die Inhalte der Veranstaltungen sind im Programm zu finden:
Impulsvortrag: Blick in den Maschinenraum der Energiewende
Zum Auftakt der Veranstaltung warf Dr. Gerd Rosenkranz, Senior Advisor bei Agora Energiewende, einen „Blick in den Maschinenraum der Energiewende“ und machte auf die globalen und nationalen Herausforderungen dieses Wandels aufmerksam. Erst allmählich wird verstanden, dass die Transformation unseres Energiesystems uns alle betrifft und kein Steckenpferd der Ökos ist. Die Energiewende muss in ihrer Komplexität mehr, besser und überall erklärt werden. Sonst läuft sie Gefahr, an Widerständen in der Gesellschaft zu scheitern. Die Energiewende muss als Herausforderung verstanden werden, aber auch als Chance für eine umfassende Modernisierung unseres Landes. Und sie muss überall stattfinden - im Bund, in den Ländern und vor allem in den Kommunen, wie hier in Bruchsal.
Biografie
Dr. Gerd Rosenkranz war bis zu seinem Ruhestand Leiter Grundsatzfragen bei Agora Energiewende. Seitdem steht er Agora Energiewende als Senior Advisor weiterhin beratend zur Seite.
Von 2004 bis Ende 2013 war Gerd Rosenkranz Leiter Politik & Presse bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in Berlin, davor seit 1999 Redakteur für Umwelt- und Energiepolitik beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel ebenfalls in Berlin. Zuvor arbeitete er seit 1991 als Freier Journalist vor allem für überregionale Printmedien mit Themenschwerpunkt Energie, Technik, Ökologie. Seine journalistische Laufbahn begann er 1988 als Redakteur der tageszeitung, taz. Von Hause aus ist Rosenkranz promovierter Werkstoffwissenschaftler und Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Metallkunde. Er war von 1975 bis 1981 Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Werkstoffwissenschaften in Stuttgart und studierte dann Kommunikationswissenschaften und Journalistik an der Universität Stuttgart-Hohenheim mit Abschluss Diplom-Journalist.
Ausführliche Informationen & Präsentation
Am 24. Februar 2022 hat die Energiewende mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine eine zusätzliche, dramatische Dringlichkeit erhalten. Seither geht es nicht mehr allein um die Eindämmung der sich weltweit zuspitzenden Klimakrise, sondern auch darum, welche Abhängigkeiten von wem sich Deutschland und Europa bei der Sicherstellung der eigenen Energieversorgung noch leisten können. Gleichzeitig zeigen die energiepolitischen Diskussionen dieses Frühjahrs, wie schwer es der Politik fällt, ein Bewusstsein der Dringlichkeit in der Gesellschaft dauerhaft zu verankern – sobald Veränderungen im Lebensalltag konkreter werden für eine große Mehrheit der Menschen.
Erst allmählich wird verstanden: Die Transformation unseres Energiesystems geht alle an, betrifft alle und ist kein Steckenpferd der Ökos. Deshalb muss die Energiewende in ihrer Komplexität jetzt mehr und besser und überall erklärt werden. Sonst läuft sie Gefahr, an Widerständen in der Gesellschaft zu scheitern. Die Energiewende muss als Herausforderung verstanden werden, aber auch als Chance für eine umfassende Modernisierung unseres Landes. Und sie muss überall stattfinden – im Bund, in den Ländern und vor allem in den Kommunen, wie hier in Bruchsal.
Der Impulsvortrag widmet sich zunächst der heimischen Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien. Ihr beschleunigter Ausbau ist die Basisvoraussetzung für das Gelingen der Energiewende insgesamt. Denn in Zukunft werden wir Strom weit über die traditionellen Anwendungen hinaus einsetzen, nicht nur, weil Strom aus Wind und Sonne klimaschonend ist, sondern auch weil er inzwischen viel kostengünstiger erzeugt werden kann, als Strom aus konventionellen Kraftwerken auf Basis fossiler Brennstoffe oder aus Atomkraftwerken. Wir werden mit Strom mobil sein und mit Strom heizen. Viele Industrieprozesse werden auf klimaschonende Verfahren umgestellt, die ebenfalls große Mengen Strom benötigen. Der wird entweder direkt eingesetzt oder zur Produktion von Wasserstoff, der in bestimmten Anwendungen fossile Brennstoffe ersetzt. Dennoch wird in einigen wichtigen Industrieprozessen – etwa bei der Zementherstellung – weiterhin das Treibhausgas CO2 entstehen, das anschließend aufgefangen und sicher unterirdisch gelagert werden muss.
Die Energiewende umfasst weit mehr als die klimaschonende Erzeugung und Nutzung von Energie. Sie funktioniert nicht ohne neue Infrastrukturen, nicht ohne den Aus- und Umbau der Stromnetze, der Schaffung einer Infrastruktur zur Produktion, Verteilung und zum Einsatz von Wasserstoff und eine umfassende Digitalisierung zur Steuerung eines dezentraleren Energiesystems. Nicht zuletzt muss die Erkenntnis reifen, dass die Transformation umso besser funktionieren wird, je sorgsamer und effizienter wir künftig mit Energie umgehen.
Wird die Energiewende unseren Lebensstil verändern? Ziemlich sicher ja. Werden wir Verzicht üben müssen? Vielleicht. Vielleicht werden wir das nicht als Verzicht wahrnehmen, sondern als Gewinn an Lebensqualität.
Das Stadtplanungsamt stellte den derzeitigen Stand zum Masterplan Erneuerbare Energien vor. Mit einem Blick auf den aktuellen und zukünftigen Energieverbrauch, wurden drei mögliche Szenarien aufgezeigt, wie die Stadt Bruchsal eine relative lokale Energieautarkie erreichen könnte. Dabei sind vor allem Photovoltaik und Windenergie von zentraler Bedeutung.
In diesem Zusammenhang präsentierte das Stadtplanungsamt auch erste Überlegungen zu möglichen Standorten für Windkraftanlagen auf Bruchsaler Gemarkung. Dazu wurden im Vorfeld verschiedene Kriterien definiert, wie zum Beispiel ausreichend hohe Windhöffigkeit, Lage außerhalb von Schutzgebieten oder Mindestabstände zur Wohnbebauung. Zusätzlich wurden fotorealistische Visualisierungen angefertigt, die eine Auswahl der Windkraftanlagen auf den geeigneten Flächen zeigen.
Die Präsentation des Stadtplanungsamtes und die Visualisierungen stehen zum Download bereit. Ebenso der Planungsstand, der in den Sitzungen der Ortschaftsräte Heidelsheim, Helmsheim und Obergrombach am 25. und 26. April 2023 präsentiert wurde.
In der anschließenden Gesprächs- und Fragerunde kamen Befürworterinnen und Befürworter sowie Gegnerinnen und Gegner von Windkraftanlagen gleichermaßen zu Wort. Hier zeigte sich eine tiefe inhaltliche Auseinandersetzung mit der Thematik. Das Podium, welches sich aus Vertreterinnen und Vertretern örtlicher Initiativen und externen Expertinnen und Experten zusammensetzte, beantwortete außerdem Fragen der Teilnehmenden. So gab es beispielsweise Antworten zur finanziellen Beteiligung an Windkraftanlagen, zum Artenschutz im Wald bzw. im Offenland oder zum Baumbestand des städtischen Waldes. In der Pause und im Anschluss an die Veranstaltung nutzten viele Bürgerinnen und Bürger die Expertentische zum weiteren Informationsaustausch oder warfen noch einmal einen Blick auf die beispielhaften Visualisierungen an den Stellwänden. Auch zur Energiewende im Privatbereich gab es Informationen durch das PV-Mobil der Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe und der Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau.
Frau Oberbürgermeisterin Petzold-Schick betonte in ihrem Schlusswort, dass der Dialogprozess weiterhin ergebnissoffen und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit gestaltet wird. Die Dauer des Prozesses orientiere sich dabei jedoch an der Planung des Regionalverbandes, der die Aufgabe hat, mindestens 1,8 Prozent der Fläche Baden-Württembergs für Windenergie auszuweisen. Durch eigene Planungen könne die Stadt Bruchsal aber Einfluss auf die Ausweisung nehmen. Abschließend rief sie dazu auf, gemeinsam ins Gespräch zu kommen und sich an der Energiewende zu beteiligen. Die Verwaltung sei offen für konstruktive Kritik und lösungsorientierte Vorschläge, die gern per E-Mail an umwelt@bruchsal.de eingebracht werden können.
Mitwirkende
Agora Energiewende
BEG Kraichgau - Bruchsal
BEG Starkenburg
Gegenwind Obergrombach-Helmsheim-Kraichgau e.V.
Stadt Bruchsal
Stadtwerke Bruchsal
Parents for Future
Umwelt- und Energieagentur des Landkreises Karlsruhe