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Objekt des Monats März

Stillleben von Leo Kahn, Foto: Städtisches Museum Bruchsal

Liebe Leserinnen und Leser,
diesen Monat stellen wir Ihnen einen ganz besonderen Neuzugang vor, der dem Städtischen Museum als Schenkung übergeben wurde. Es handelt sich dabei um ein Stillleben des jüdischen Künstlers Leo Kahn, der 1894 in Bruchsal geboren wurde. Sie sehen eine Komposition in zurückhaltender Farbigkeit aus verschiedenen Früchten, variierenden Gefäßen im Hintergrund sowie einer Kerze und Zigaretten in der rechten Bildhälfte.
Dieses Stillleben zeichnet sich - wie auch andere Kahn-Gemälde dieses Genres - durch eine besondere Lebendigkeit aus, die man bei einem Stillleben nicht ohne weiteres erwartet. Fast meint man, die Person, die Teller und Glas eben auf den Tisch gestellt hat, im Raum noch wahrnehmen zu können. Die Gegenstände wirken unmittelbar und in einer auffälligen Weise wenig drapiert, sondern direkt an die Ebene des Betrachters oder der Betrachterin angeschlossen. Menschliche Lebenswelten werden so in Kahns Stillleben viel eher erkennbar als die bloße Beschaffenheit und Komposition einzelner Objekte, sodass seine Werke mehr erzählen, als einfach nur darstellen. Dynamische Farbigkeit und expressiver Stil unterstreichen diesen Aspekt. Nicht unerwähnt bleiben darf, dass Leo Kahn wie viele andere Künstlerinnen und Künstler dieser Zeit der sogenannten „Verschollenen Generation“ zuzurechnen ist. Diese meint Kunstschaffende, welche aus vielfachen Gründen - unter anderem wegen ihrer politischen Einstellung oder religiösen Zugehörigkeit - durch die Nationalsozialisten verfemt, diskriminiert und in ihrer Arbeit gravierend behindert wurden. Nicht vielen, deren Kunst als „entartet“ eingestuft worden war, gelang es, ihr Schaffen nach den Gräueln von Nazi-Herrschaft und Krieg wieder aufzunehmen und an frühere Erfolge anzuknüpfen. Auch im Leben des jüdischen Malers Leo Kahn hinterlässt diese Zeit Einschnitte. Nicht nur ist er 1936 mit Frau und Kindern gezwungen, nach Palästina zu flüchten, sondern zusätzlich muss er dort, um die Familie ernähren zu können, seine Kunst ruhen lassen und in der Textilbranche arbeiten. Erst später, in den fünfziger Jahren, kann er seine Malerei wieder aufnehmen. Das vorliegende Gemälde stammt aus den sechziger Jahren und somit aus einer Zeit, in der es Leo Kahn nach langer Zwangspause wieder möglich war, sich mit seiner Kunst zu beschäftigen und seine Kreativität in Gemälden wie diesem auszudrücken.