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Reihe: Eiszeitliche Säugetiere – Teil 4: Rentier

Fragment eines eiszeitlichen Rentier-Geweihs. Foto: Städtisches Museum Bruchsal

Liebe Leserinnen und Leser,
neben den eiszeitlichen Tieren, die wir bisher in unserer Reihe vorgestellt haben (Riesenhirsch, Auerochse und Wollhaarnashorn), ist das Rentier das einzige, welches in dieser Form noch heute und grundsätzlich unverändert anzutreffen ist. Auf dem Foto sehen Sie einen Teil einer Rentier-Geweihstange, der im Städtischen Museum ausgestellt ist. Kleinere Fragmente solcher Geweihstangen eiszeitlicher Tiere findet man relativ häufig, größere Stücke werden weit seltener entdeckt, da sie oftmals von Flüssen mitgeführt und durch den Schotter am Grund zerbrochen werden. Eine Besonderheit des Rentiergeweihs ist, dass es von beiden Geschlechtern getragen wird. Die Forschung geht heute davon aus, dass die eiszeitlichen Rentiere sich in ihrer Lebens- und Verhaltensweise nicht nennenswert von heutigen, wilden Rentierpopulationen unterscheiden, die beispielsweise noch in Norwegen anzutreffen sind. So fand man wohl auch damals kleinere Rentiergruppen, aber auch große Herden, die sich den Jahreszeiten entsprechend durch die eiszeitliche Landschaft bewegten, so auch durch das heutige Süddeutschland. Wie bei allen Jagdtieren wurden auch erlegte Rentiere von den Steinzeitmenschen vollständig verwertet. Was heute wieder unter dem Stichwort „Nose-to-Tail“ (frei übersetzt: Von Kopf bis Schwanz) als Ganztierverwertung beworben wird, war in der Eiszeit gang und gäbe. Diese vollständige Verwertung, die auch heute selbstverständlich sein sollte, war damals schon allein aus Ermangelung an alternativer Versorgung der Normalfall. So wurden beispielsweise beim Rentier neben dem Fleisch aller Körperpartien auch Fett und das energiereiche Knochenmark verzehrt. Knochen und Geweih lieferten Rohstoffe zur Werkzeug- oder Waffenherstellung, während Sehnen und Felle als Bekleidung oder Behausung dienten.